Der Name der Universität wird immer wieder heiß diskutiert. Heute findet zu diesem Thema erstmals ein Offener Dialog mit der nichtuniversitären Bevölkerung statt.

*Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald hat in ihrer Sitzung im April Folgendes beschlossen:

Die Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt Greifswald erkennt an, dass der Großteil der Greifswalder Bürgerinnen und Bürger die Beibehaltung des Namens Ernst Moritz Arndt für die Universität befürwortet.

Belastbare Zahlen für diese Behauptung legte sie dafür nicht vor. An den Demos, die sich für den Erhalt des Namenpatrons einsetzten, nahmen laut Veranstalterin gerade mal 1000 von über 50000 Einwohnerinnen teil. Daraufhin folgt heute ein Offener Dialog mit allen Interessierten. Der webmoritz. berichtet live von der Veranstaltung.


Es tickern: Jonathan Dehn und Magnus Schult

14:00 Uhr

Die Veranstaltung beginnt, es sind noch einige Plätze frei.

Auf der Leinwand prangt folgendes Zitat:

Diskussion

ist ein Austausch von Gedanken, bei dem immer die Gefahr besteht, daß man überzeugt wird.

Ein Mitglied des Senats beginnt mit seinem Statement. Er betont das hohe Gut der Meinungsfreiheit. Beleidigungen dürfen wir in der Debatte aber nicht erlauben. Auch weist er darauf hin, dass Studierende der Universität nicht Gäste, sondern integraler Bestandteil der Stadt sind. Auch in der Studierendenschaft sei der Umgang mit Arndt umstritten. Er hatte sich zu Beginn seines Studiums nicht mit dem Namen beschäftigt und sich deshalb gewundert, warum sich Studierenden mit dessen Abschaffung beschäftigten. Mit zunehmender Auseinandersetzung mit dem Werk Arndts kam ihm dann aber die Frage auf, wie die Uni zu diesem Namenspatron kommen konnte. Wir sollten es uns aber nicht nehmen lassen, das Schicksal der Universität selber zu gestalten.

Ein Kompromiss muss nicht nur eine Lösung sein, mit der alle nur halb zufrieden sind, sondern könnte auch ein neuer Ansatz sein.

14:15 Uhr

Als nächstes steht ein Statement eines Mitarbeiters der Universität an. Er wünscht sich pragmatische Lösungen für die Debatte. Ein weiteres Statement kommt von einem Mitglied des Senats aus den Reihen der Professoren. Er betont, dass er nicht für die Professorenschaft spricht, ein gemeinsames Statement war aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich. Er geht auf die nicht sachgerechte Verwendung der Betitelung “Arndt-Befürworter” oder “Arnt-Gegner” ein. Man kann Arndt durchaus unterschiedlich aus heutiger Sicht bewerten. Natürlich müsse man ihn in seinem historischen Kontext betrachten, aber auch damals gab es die Möglichkeit, sich anders über Franzosen, Juden und völkische Gedanken zu äußern. Wir sollten unsere Meinung weiter äußern, aber keine Maßnahmen ergreifen, um die Meinung der Senatsmitglieder zu beeinflussen.

14:24 Uhr

Ein Mitglied der Bürgerschaft hat sich die Bürde auferlegt, für die gesamte Bevölkerung der Region zu sprechen. Er hofft, dass die heutige Debatte nicht nur als Alibiveranstaltung herhalten soll. Direkt danach äußter er aber shon Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Universität. Lauter Beifall. Er betont die Verdienste von Ernst Moritz Arndt und möchte, dass man ihn nur in seiner Zeit betrachtet. Erneuter Beifall. Als er darauf hinweist, dass die Universität weiterhin autunom handeln können darf, können sich die Anwesenden kaum zu Beifall aufraffen. Verhaltenes Klopfen. Die Univeristät solle mit der Bürgerschaft und dem Oberbürgermeister eine Ausstellung erarbeiten, die sich mit dem Leben und dem Werk Arndts auseinandersetzt. Auch der respektvolle Umgang wurde von der Bürgerschaft in dem Beschluss gewünscht. An die Szene auf dem Marktplatz wollen wir nicht weiter hinweisen. Er wünscht sich auch einen gesunden Patriotismus, ohne gleich als Rassist dargestellt zu werden. 

14:35 Uhr

Als Nächstes kommt etwas Juristisches. Also der Punkt, der eben schon auf wenig Gegenliebe stieß. Ein kleiner Exkurs zur Institution der Hochschule wird unternommen. Hochschulleitung, Senat, und Konzil, sowie deren Aufgaben werden erläutert. Endlich ist es mal ruhig. Konzil und Senat tagen in Greifswald zeitgleich. Aus diesem etwas anderen Modell ergibt sich der engere und der erweiterte Senat. Er erklärt noch einmal, dass die Uni weiterhin selbst über ihren Namen entscheidet. Genauer gesagt, der engere und der erweiterte Senat. Der Hinweis, dass die Bevölkerung rein rechtlich nicht über den Namen entscheiden darf, wird mit Unmut aufgenommen. Ein Dialog sei aber dennoch möglich. 

14:47 Uhr

Als erstes meldet sich ein “besorgter Bürger”: Er ist besorgt, dass Leute aufgrund ihres anderen Denkens angegriffen werden. Und schlägt auch gleich einen neuen Namen vor: Er schlägt sich selber vor, da er frei von Rassismus, Nationalismus sei. Ebenso würde er nicht viel Literatur hinterlassen, was ja auch ein Vorteil sein könnte. Ein weiteres Mitglied der Universität meldet sich zu Wort. Seit er an der Universität sei, gab es immer schon Diskussionen um den Namenspatron gab und auch kein Ende absehbar sei.  Er plädiert für einen neuen Namenspatron, andere  Universitäten sähen die Verbindung des Namenspatrons mit der Universität nicht besonders eng. Kommen wir zu einem weiteren Mitglied der Universität: Er könne sich mit dem Namen “Universität Greifswald” nicht anfreunden. Warum er dann in Greifswald wohnt, erwähnt er leider nicht. Er betont, dass die Abschaffung des Namens ein falscher Umgang mit Geschichte sei. Den Hinweis, dass seine Redezeit um sei, ignoriert er gekonnt. #respektvollerUmgang

15:02 Uhr

Neuer Beitrag: Es sei offensichtlich, dass der Name Ernst Moritz Arndt inhaltlich umstritten ist. Außerdem wurden keine neuen Argumente gebracht.  Zwischenbemerkung von der Versammlungsleitung: Der Redebeitrag eben sei nicht nur wegen der Redezeitüberschreitung abgewürgt worden, sondern auch wegen des persönlichen Angriffs gegen einzelne Personen. Ein Bürger meldet sich zu WOrt, Geburtsjahr 1944. Er betont, dass er im Schatten der Uni aufgewachsen sei, er auf die Arndtschule gegangen sei und er auch an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität studiert und gearbeitet hätte. Ebenso sein Vater und sein Großvater. Wir haben da unsere Zweifel, trägt die Uni den unsäglichen Namen doch erst seit 1933.

15:12 Uhr

Neuer Beitrag eines Mediziners: Auch Albert Schweitzer sei nicht perfekt gewesen, so sei er gegen Hygenie gewesen. Dieser Punkt steht aber zu Recht heute nicht mehr im Fokus. In einem weiteren Beitrag wird darauf hingewiesen, dass sich der Name der Universität mehrere Male geändert hat. Wieder wird der Hinweis, dass die Redezeit vorbei sei, ignoriert. “Ich bin noch nicht fertig.”

Königliche Universität zu Greifswald (1815)

Preußische Universität zu Greifswald (1921)

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (1933)

Universität Greifswald (1945–1954)

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (seit 1954)

Quelle: Wikipedia

15:22 Uhr

Weiterer Beitrag: Er sei seit etwas über 20 Jahren Vorpommer, sei früher immer dafür gewesen, Arndt als Patron zu behalten. Seitdem hat sich seine Meinung geändert. NIcht etwa, weil sich sein Bild von Arndt geändert habe, sondern weil sich die Welt geändert habe. 

Wenn die AfD Vorpommern-Greifswald schreibt, “Es ist unser Ernst, dann sage ich: Ihr könnt ihn behalten.”

15:27 Uhr

Eine Studentin meint, dass, wenn der Name abgelegt werden würde, ein Teil Pommerscher Geschichte verloren gehen würde. Nachdem der Hinweis der Versammlungsleitung, dass die Redezeit vorüber sei, im Applaus erstickt wird, will ein Teilnehmer wissen, ob jemals jemand einen Job an der Uni angelehnt habe, weil die Uni Arndt als Namenspatron habe. Aus Datenschutzgründen kann diese Frage nicht beantwortet werden. Nächster Redebeitrag: Ein Bewohner Vorpommerns, der nach eigener Aussage den Naziahnenpass besitzt, weist darauf hin, dass auch der Thüringische Heimatschutz mit einem Zitat Arndts geworben hat. 

15:41 Uhr

In einem weitere Redebeitrag wird auf das Leitbild der Stadt hingewiesen. Dort taucht das Wort Ernst-Moritz-Arndt-Universität nicht auf, die Universität heißt einfach “Universität Greifswald”. Das Leitbild sei auch von der damaligen Bürgerschaft beschlossen worden. Zum Abschluß die Bitte an den Senat, doch bitte an seiner Entscheidung festzuhalten. Weiterer Beitrag: Warum werden die Universitätsangehörigen nicht befragt? Auch die Ergebnisse  aus der Urabstimmung von 2010 könnten in der heutigen Debatte berücksichtigt werden. Ein weiterer Redner bezweifelt dass durch den Namenspatron Nachteile entstanden sein. Stattdessen wird durch die Entscheidung des Senats der Bruch der Universität mit der Region provoziert wird. Er will außerdem wissen, ob die Universität weiterhin den Beschluss verfolgen will. Antwort: Derzeit gibt es keinen Antrag im Senat, den Namen zu ändern.

15:54 Uhr

Ein Redebeitrag, bei dem darum gebeten wird, doch bitte sachlich zu diskutieren. Die Tatsache, wo ein Mensch geboren sei, ist keine Legitimation für einen Redebeitrag. Nächster Redebeitrag: Wir sollten uns auf einen Kompromiss einigen, es könnte auch ein gut sichtbarer Dislaimer mit dem Namen verknüpft werden. Man solle doch mal die Kirche im Dorf lassen, so der nächste Redner. “Die Fronten sind verhärtet, es kann nur noch darum gehen, einen Kompromiss zu finden, mit dem alle leben können.” Er könne es auch nicht nachvollziehem, dass der Name mit unwisscenschaftlichen Argumenten getilgt werden soll. Ein Geschichtswissenschaftler erklärt, was genau die Probleme von außerhalb an unsere Universität sind: man fragt sich von außen, wie wir den Namen heute überhaupt noch tragen kann. Zudem sei Arndt für Außenstehende vollkommen unwichtig. Arndt wurde damals nicht durch die DDR-Regierung geprüft, sondern lediglich als Mittel gegen Adenauer genutzt. Es wird argumentiert, dass die Identität ein Pseudoargument sei, weil nur Experten sich mit den jeweiligen Namenspatronen identifizieren können: dann können wir ihn ja ablegen.

16:35 Uhr

Wir haben den Ticker mittlerweile abgebrochen, da unser Zeitbudget überschritten wurde. Schönen Abend noch.