Ob als Schnaps, Bier oder Wein hergestellt, in Flaschen verkorkt oder in Dosen gefüllt, in Pralinen verarbeitet oder als geschmackliche Abrundung eines Eisbechers; die Verarbeitungsformen von Alkohol sind so vielfältig wie alltagspräsent. Sind Alkoholika für manche Situationen unverzichtbarer Begleiter und wenn nicht, – wieso trinken wir ihn dann? Eine Selbstbeobachtung.

Autor: Lorenz Lang

Seit der Mensch sich in Sozialverbänden zusammenfindet, trinkt er Alkohol. Der Münchner Biologe und Naturhistoriker Josef H. Reichholf vertritt sogar die These, der Urmensch sei vordergründig deshalb sesshaft geworden, weil sich Bier nur in Gemeinschaften brauen ließ. Während 2500 Jahre vor Christus noch aufwändige Handarbeit notwendig war, können wir unseren Alkohol heute bequem im Supermarkt kaufen. Weshalb unsere Vorfahren sich berauschten, können wir heute nicht mehr herausfinden. Doch wie gehen die immerhin über 80 Prozent junger Erwachsener, die mindestens einmal im Monat Alkohol trinken, mit dem Rauschmittel um?

Alkohol ist alltäglich

Bis zur Idee zu diesem Artikel habe ich mein eigenes Verhältnis zu Alkohol nie hinterfragt. Ich genieße es, in Gesellschaft meiner Freunde Wein zu trinken und am Wochenende auch mal angetrunken feiern zu gehen. Fest steht, dass Alkohol in unserer Gesellschaft einen kaum in Frage gestellten Platz einnimmt. Dies zeigt sich sowohl in unserem kulturellen Selbstverständnis, als auch in der Art und Weise, wie die Deutschen im Ausland wahrgenommen werden. Deutschland versteht sich selbst als Land des guten Bieres und Weines und wird vielfach mit diesen Getränken verbunden. Auch wenn der Stereotyp des biertrinkenden Deutschen, gerne in die charakteristischen Lederhosen gekleidet, den Wenigsten schmeicheln dürfte. Noch deutlicher wird unsere selbstverständliche Akzeptanz des Alkohols, wenn die Legalisierung bisher verbotener Rauschmittel diskutiert wird. Mit der kulturhistorischen Verankerung des Alkoholkonsums in Deutschland wird häufig gegenüber denjenigen argumentiert, die eine Legalisierung von Cannabis aufgrund der, im Vergleich zu Alkohol, harmloseren Wirkung befürworten. Ein eigentlich erstaunlich schwaches Argument, bedenkt man die kaum noch umstrittene höhere Gesundheitsschädlichkeit und negative Wirkung auf das Umfeld von Alkohol gegenüber Cannabis.

Genussmittel oder unterschätzte Gefahr?

Was bewegt Studenten also dazu, trotz der Tatsache, dass man um Alkohol kaum herumkommt, abstinent zu bleiben? Für Elena* hat dies ganz praktische Gründe: »Ich habe mal bemerkt, dass ich Alkohol überhaupt nicht vertrage, da ich nach dem Verzehr allergisch darauf reagierte.« Klar, solche gesundheitlichen Gründe leuchten ein. Doch wie steht es um diejenigen, die Alkohol für mehr als ein bloßes Genussmittel oder sogar eine Gefahr halten. Marie*, die abgesehen von einem Glas Wein im Monat komplett auf Alkohol verzichtet, sieht eine allzu große Selbstverständlichkeit des Alkoholkonsums kritisch: »Problematisch finde ich es, wenn das Gefühl aufkommt, dass ohne Alkohol keine gute Party stattfinden kann, oder dass man irgendwo angeheitert ankommen muss, um Spaß zu haben, oder gar dazu verpflichtet ist, dort noch weiter zu trinken.«

Ich beginne mich zu fragen, was dran ist, an dieser kritischen Einstellung zu Alkohol. Erzeugt die Selbstverständlichkeit des Alkoholtrinkens, dass wir diesen als ein Vehikel und Garant für einen gelungenen Abend brauchen? Alkoholkonsum als Verpflichtung anstatt Genussmittel, das uns den ein oder anderen Schubs gibt, um empathischer und extrovertierter zu sein, kurz: mehr Spaß zu haben. Ich beschließe mein eigenes Verhalten zu erforschen und zu hinterfragen.

Die komplette Selbstbeobachtung von Lorenz und welche Schlüsse er aus einem Abend ohne Alkohol gezogen hat, findet ihr im moritz.magazin mm127.

Beitragsbild: Till Junker für das moritz.magazin