Das Stupa hat in seiner Sitzung am 12 Juli einen Nachtragshaushalt beschlossen. Ein Nachtragshaushalt wird in der Regel angesetzt, wenn Planung und Ist-Zustand gravierend voneinander abweichen.

Das kommt beim Haushalt der Studierendenschaft insbesondere vor, wenn Posten über längere Zeit nicht besetzt sind. Zum Zeitpunkt des Beschlusses eines Haushaltes muss bei der Höhe eines Titels im Haushaltsplan davon ausgegangen werden, dass beispielweise alle Referate im AStA das ganze Jahr über besetzt sind – der Titel muss gedeckt sein, ansonsten kann die Rektorin die Genehmigung versagen. Ohne die Genehmigung muss der AStA mit einem vorläufigen Jahresplan arbeiten – dabei dürfen pro Monat nur 1/12 der ausgegebenen Mittel aus einem Titel des Vorjahres ausgegeben werden. Größere Projekte lassen sich so insbesondere zum Beginn des Haushaltsjahres kaum umsetzen. Ein Nachtragshaushalt ist daher keine ungewöhnliche Sache, selten kommt es vor, dass alle Referate das Jahr über durchgehend besetzt sind.

Gestern war es also wieder so weit. Der Haushaltsausschuss hatte es in den letzten Wochen nicht geschafft, eine schriftliche Stellungnahme zum Nachtragshaushalt abzugeben. Die erste Lesung fand daher bereits in der vergangenen Woche statt. Nun stand man gestern vor einem besonderen Problem: Der Haushaltsausschuss hatte immer noch keine Stellungnahme zustande gebracht und außerdem war der Referent für Finanzen nicht anwesend. Eine zweite Lesung ohne die Stellungnahme des Haushaltsausschusses ist laut Finanzordnung nicht möglich.

Kurzerhand entschloß man sich dazu, erneut eine erste Lesung abzuhalten, obwohl diese bereits in der Vorwoche stattfand. Der Nachtragshaushalt wurde also neu eingebracht und es konnten wieder Fragen gestellt werden. Nur mit dem Beantworten gab es Schwierigkeiten, war doch der Finanzer nicht anwesend. Dementsprechend musste er während der Sitzung noch angeschrieben werden, um bestimmte Fragen zu beantworten. Präsident Adrian versuchte die notwendigen Änderungen von einem Blatt abzulesen, welches Alexander ihm vorher angefertigt hatte – mehr schlecht als recht. Es konnte nicht final geklärt werden, warum der Reisekostentopf beispielsweise schon jetzt auf dem Stand von Ende 2015 ist und ob eine Erhöhung des Topfes für Öffentlichkeit wirklich von gut 6000 auf 10.000 Euro erhöht werden muss, ist nicht klar. In der Begründung hieß es, dass dies eine präventive Maßnahme sei, da die Transparenz-Kampagne noch in diesem Jahr anlaufen soll und das Geld benötigt wird. Welche Ironie.

Da trotzdem alle Fragen für die Stupisten scheinbar zufriedenstellend geklärt werden konnten, wurde die erste Lesung auch schnell beendet. Nun stand man vor einem neuen Problem: Eine zweite Lesung ohne Stellungnahme war immer noch nicht durch die FO vorgesehen. Wie geht man also damit um, ohne sich in der vorlesungsfreien Zeit erneut treffen zu müssen? Man ignoriert diesen Punkt, indem man die Dringlichkeit beschließt. Wenn die Dringlichkeit beschlossen ist, kann ein TOP, der eigentlich zwei Lesungen auf zwei unterschiedlichen Sitzungen benötigt, in zwei Lesungen innerhalb einer Sitzung beschlossen werden. Nach dem Motto: Wenn die Dringlichkeit beschlossen ist, gelten die anderen Formalia nicht mehr. So war es auch gestern: Das Stupa hat einen Nachtragshaushalt beschlossen, bei dem der Einbringer nicht anwesend war und mit dem sich der Haushaltsausschuss über mehrere Wochen nicht beschäftigt hat. Ansonsten hätte man sich ja noch in der vorlesungsfreien Zeit treffen müssen.

Das Verfahren war mehr als fragwürdig in Intention und Durchführung. Gerade bei einem Parlament, welches in der laufenden Legislatur gefühlt mehr Satzungsänderungen und Erneuerungen als inhaltliche Anträge behandelt, wäre ein anderes Verhalten zu erwarten gewesen. Zum Beispiel ein Geschäftsordnungsantrag, welcher die Vertagung des TOPs verlangt. Dies fand jedoch nicht statt. Ob der Nachtragshaushalt wirklich einer besonderen Dringlichkeit unterlag und ob wirklich jeder Parlamentarier verstanden hatte, was er da gerade mit “Ja” abgestimmt hatte, bleibt also offen.