Die Sicht der tickernden Redakteure auf das Geschehen.Ein Kommentar von Stephanie Napp

Am Dienstagabend, dem 23. Oktober, kam es im Studierendenparlament zu einer Personaldebatte um den stellvertretenden Geschäftsführer der moritz-Medien, in dessen Konsequenz er seines Amtes enthoben wurde. Als Begründung wurde ein Vertrauensbruch angeführt. Aber was ist mit dem geschädigten Vertrauensverhältnis, das die Stupisten uns seit Anfang der Legislatur entgegen bringen?

Zur Sachlage

Es wurde der Vorwurf erhoben, der stellvertretende Geschäftsführer, der auch als Redakteur der Ostseezeitung (OZ) tätig ist, hätte in einem Artikel für das Lokalblatt Informationen verwendet, die aus dem nicht-öffentlichen Teil der vorherigen Sitzung des Studierendenparlamentes (StuPa) vom 16. Oktober stammen. Interna also, die nicht an die Öffentlichkeit dringen sollten. Doch welche Interna sollten das gewesen sein? Seitens der Stupisten gab es ganze zwei Punkte, die genannt wurden: zum Einen eine Summe von 30.000 Euro, zum Anderen ein Zitat der Finanzreferentin. Es wurde mehrfach betont, dass es nicht um die sachlichen Fehler im Artikel ginge, sondern lediglich um das Heraustragen von Interna.

Woher kommen diese beiden Informationen nun also? Für das Zitat der Finanzreferentin hat sich der Redakteur während der letzten Senatssitzung ihre Zustimmung geholt. Dies wies sie auf der StuPa-Sitzung jedoch zurück. Damit steht Aussage gegen Aussage. Die von der Studierendenschaft einzusparende Summe von 30.000 Euro ist dem Nachtragshaushalt zu entnehmen, der am 16. Oktober im öffentlichen Teil der StuPa-Sitzung verhandelt wurde.

Sind die 30.000 Euro ausschließlich ans Finanzamt zu entrichten, wie es im OZ-Artikel behauptet wurde? Nein, ein Teilbetrag davon ergibt sich auch aus den nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträgen für die Referenten und Medienchefs der letzten Jahre. Aber: um sachliche Fehler ging es ja nicht!

Gehen die Aufwandsentschädigungen, wie im Artikel beschrieben, nur bis 240 Euro? Nein, der Vorsitzende vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und die Finanzreferentin bekommen 280 Euro. Aber: um sachliche Fehler ging es ja nicht!

Der Vorwurf bezieht sich ausschließlich auf diese zwei Informationen – zumindest sind das die Gründe, die uns das StuPa im öffentlichen Teil der gestrigen Sitzung mitgeteilt hat: Die aufgerundete Summe von 30.000 Euro – wie auch immer sie nun im Artikel interpretiert wurde – ist hier zu entnehmen, für jeden Studenten seit letzter Woche einsehbar. Folglich können wir nur darauf schließen, dass der einzige Grund für den Vertrauensbruch in dem zuvor autorisierten Zitat liegt. Wegen einer Aussage-gegen-Aussage-Situation wird also einem gewählten Vertreter der moritz-Medien das Vertrauen entzogen? Blicken wir doch mal zurück, wie viel Vertrauen das StuPa den moritz-Medien in dieser Legislatur zugesprochen hat.

Vertrauensbasis auf wackligen Beinen

Vor fünf Monaten wurden die Chefs der moritz-Medien neugewählt. Große Diskussionen gab es plötzlich, als der Kandidat für den stellvertretenden Chefredakteursposten des webMoritz nicht gewählt wurde. Warum? Einziges Argument seitens des StuPa damals: er schreibe zu wenig Artikel und daraus schließend: er stecke nicht genug Arbeit in den Posten. Jeder Stupist, der sich vor einer Wahl in der Satzung und den Ausschreibungstexten unseren Aufgabenbereich durchliest, wird erkennen können, dass es nicht unsere Aufgabe ist, zu Haufe Artikel zu schreiben, sondern dass ein Chefredakteur primär mit den verwaltungstechnischen und organisatorischen Aufgaben der Redaktion beschäftigt ist. Artikel schreiben ist ein Luxus. Unter der Hand haben die moritz-Medien im Nachhinein den wirklichen Grund erfahren: einige Stupisten waren wegen eines bestimmten Artikels des Kandidaten missmutig. Doch das dürften sie natürlich nicht artikulieren. Warum? Weil die Stupisten nicht dumm sind. Sie wissen, dass man aus persönlichen Gründen eine Wahl nicht entscheiden darf. Also wurde unser Kandidat einfach ohne Begründung nicht gewählt. Ein doch eher gehaltener Start für ein gutes, gegenseitiges Vertrauensverhältnis.

Die knappe Wahl des damaligen Chefredakteurs und letztwöchigen stellvertretenden Geschäftsführers war ähnlich ominös. Ohne damals wie heute in der Fragerunde des Kandidaten kritische Punkte zu streifen, wurde er mit dem knappsten Ergebnis gewählt. Erfahrung, journalistische und organisatorische Kompetenzen, die Empfehlung der Geschäftsführerin beziehungsweise Chefredakteurin und der Rückhalt in den Redaktionen – all das sind die Kriterien, nach denen die Stupisten Kandidaten zu befragen und zu wählen oder nicht zu wählen haben. Aber einige Stupisten, die nebenbei noch niemals mit uns gesprochen oder einen Fuß in unsere Redaktion gesetzt haben, maßen sich an, in einer 5-Minuten-Pseudo-Fragerunde besser über einen Kandidaten entscheiden zu können, und das sogar, ohne ihn nach den besagten Kompetenzen zu befragen, als 60 Redakteure? Konstruktive Arbeitsweise at its best!

Diese Fragerunden sowie die meisten Abstimmungen sind eine Farce. Es wird zum Teil aus (natürlich nicht erwähnten) persönlichen Befindlichkeiten abgestimmt, zum Teil werden vorher in den Hochschulgruppen und unter den Stupisten im Ganzen „Mehrheiten organisiert“ und schon vorweg Fragen und Antworten abgesprochen, damit Abstimmungen nach Außen hin begründet erscheinen. Woher wir das wissen? Von einigen Stupisten selbst. Aber natürlich nur unter Hand. Wo ist da das von euch geforderte Vertrauensverhältnis?

via Wiki-Commons User Johann Jaritz

Hahn am Mist

Mit zweierlei Maß…

… wird hier ohnehin gemessen. Es ist wirklich bedauerlich, dass Stupisten in ihren Handlungen keinerlei Konsequenzen zu erwarten haben. Bei einem möglichen Fehltritt unsererseits wird aber gleich „Personaldebatte“ gekräht. Ihr habt deutlich gezeigt, wer der Hahn im Stall ist. Dass die sogenannten Interna schon vor dem Tagesordnungspunkt am 16. Oktober in wenigstens einer Hochschulgruppe bekannt waren, schweigt ihr ebenso unter den Tisch. Als letzte Woche die Chefredakteurin des moritz gewählt wurde, wurde sie – vor der nicht-öffentlichen Diskussion um die Finanzen der Studierendenschaft! – bereits von einem Stupisten gefragt, wie sie mit der Situation um die künftigen abzugebenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge umgehen wird. Es muss also bereits vorher ein eingeweihter Stupist oder ein AStA-Referent diese Informationen an mindestens einen Nicht-Eingeweihten weiter getragen haben. Wo bleibt hier die Personaldebatte wegen Vertrauensmissbrauchs? Ach ja, richtig. Stupisten können machen was sie wollen, ihres Sitzes im Parlament können sie nicht enthoben werden.

Vertrauensbruch – aber von welcher Seite?

Ihr habt das Vertrauen, das die moritz-Medien in euch gesetzt haben, seit Anfang der Legislatur mit Füßen getreten. Wir haben euch wiederholt angeboten, mit uns zu reden, unsere Sitzungen zu besuchen, euch ein eigenes Bild von den Arbeitsabläufen in den Redaktionen zu machen. Ja, ihr könntet auch den einfachsten aller Wege nehmen und uns beim Tagesordnungspunkt Berichte Fragen stellen! Wir haben letzte Woche zum Wohle der Studierendenschaft auf 10.000 Euro verzichtet, die den moritz-Medien eigentlich aus dem letzten Haushaltsjahr noch zustehen, damit der Nachtragshaushalt beschlussfähig sein konnte. Und eine Woche später tretet ihr unser Entgegenkommen erneut mit Füßen.

moritz-Medien ohne Geschäftsführung

Bleibt abzuwarten, ob die Verfasserin und gegenwärtige Geschäftsführerin nächste Woche noch im Amt bleibt. Schließlich war sie mit dem Schreiben dieses Kommentars „journalistisch tätig“. Eine Tätigkeit, die das StuPa nicht so gerne bei Geschäftsführern sieht. Laut Satzung ist das zwar nicht verboten, aber wer weiß, was da demnächst noch geändert wird. Wenn es das StuPa genau nimmt, kann es auch zu meiner Person kein Vertrauen mehr haben. Immerhin habe ich dem ehemaligen stellvertretenden Geschäftsführer vor seiner Wahl mein Vertrauen ausgesprochen. In logischer Konsequenz müsstet ihr nun auch mir das Vertrauen entziehen. Ich fordere eine Personaldebatte!

Fotos: Hahn – Johann Jaritz via Wiki-Commons (CC-BY); Laptop – Natalie Rath