Ratten, die jämmerlich an inneren Blutungen sterben, eingehende Schafherden, Schweine, die zu Tausenden abgeschossen und liegengelassen werden – T. C. Boyles Buch „Wenn das Schlachten vorbei ist“ lässt sich wohl am besten als Ökothriller titulieren.

Die Biologin Alma Takesue ist für das Nationalparkgebiet der Santa-Barbara-Inseln verantwortlich. Sie koordiniert zum Schutz der einzigartigen Inselökosysteme die Vergiftung der eingeschleppten Ratten und das Abschießen der ebenfalls von Menschen hierher gebrachten Schweine. Das stößt bei Tierschützern, insbesondere Dave LaJoy, seines Zeichens Elektrofachverkäufer und alternder Dreadlock-Träger, auf wenig Gegenliebe.

Der Konflikt

Während sie beinah ausgerottete Brutvögel und Füchse schützen will, fragt er, „Wer hat Ihnen eigentlich erlaubt, Gott zu spielen, Frau Doktor?“. Sie möchte die Inseln in einen möglichst ungestörten Zustand zurückversetzen, er fragt, welcher Zustand das denn sein soll. Und versucht, die Aktionen der Umweltschützer so weit wie möglich zu boykottieren, und so die einzelne Ratte, das individuelle Schwein, auf die es aus seiner Sicht ankommt, zu schützen.

Die Santa-Barbara-Inseln. Hier: Montoñon-Erhöhung

Immenser Detailreichtum

Die Protagonisten besitzen trotz aller Stereotypie Charakter und Tiefe. Alma Takesue lebt für die Arbeit, wirft aber ihre Vor- und Grundsätze über Bord, um Familie zu gründen. Sie lässt Ratten und Schweine zu Tausenden umbringen, ist aber entsetzt, als sie ein Eichhörnchen überfährt.

Dave LaJoy hat ein Aggressionsproblem und ist so engstirnig und verbohrt, dass man ihn an den Schultern packen und schütteln möchte. Und sobald es nicht mehr um irgendwelche Ratten auf irgendwelchen Inseln geht, sondern um Waschbären, die seinen kostbaren Rasen zerstören, ist Tierschutz plötzlich zweitrangig.

Genauso schaffte es Boyle, Schauplätze mit einem Detailreichtum zu entwerfen, dass man fast meint, das Salz auf den Lippen zu schmecken. Bruchbuden, Hausboote, Steilküsten, herrlichster Sonnenschein und Weltuntergangsstimmung, er zieht alle Register.

Hochaktuelles Thema

Das Thema, um das sich das Buch dreht, ist in einer Zeit der zur Neige gehenden Ressourcen, des Klimawandels und des aufkeimenden Umweltbewusstseins hochaktuell. Die großteilig im Präsens gehaltene Geschichte erzeugt Unmittelbarkeit und Tempo. Da ist man verwundert, warum das in diesem Jahr in der deutschen Version erschienene Buch in der alten Rechtschreibung gehalten ist.

T.C. Boyle legt den Konflikt dar zwischen dem einzelnen Leben und dem Schutz des Ganzen. Er taucht ab in die Vergangenheit, um zu erzählen, wie die Ratten auf die Inseln kamen oder was Almas Großmutter mit ihnen durchlitten hat. Es sind wohl etwas viele Verzweigungen und Nebenschauplätze, was das Buch von Zeit zu Zeit etwas langatmig werden lässt. Dann jedoch gewinnt das Buch wieder an Fahrt und Spannung, bis man es kaum mehr aus der Hand legen möchte. Vieles klärt sich später, der rote Faden taucht immer wieder auf und am Schluss fügt sich alles mit fernem Donnergrollen zusammen.

Bilder:

Cover: Carl Hanser Verlag (keine CC-Lizenz)

Montoñon Erhöhung: Flickr-User Ryan Devenish (CC BY-ND)