Die Gleichstellungsreferentin des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), Lisa Brokmöller, ist für Studierende mit Kind sowie für die Gleichberechtigung von Homosexuellen verantwortlich. moritz sprach mit ihr über ihre Arbeit.

Lisa Brokmüller

Fühlst du dich als Referentin für Gleichstellung beim AStA von der Stadt Greifswald und deren Verwaltung unterstützt?
Es ist schwierig. Durch häufige Wechsel der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt – vertretungsbedingt – kam es leider noch nicht zu einer Zusammenarbeit. Aber wichtiger war mir im Moment auch erstmal uniintern meine Arbeit ordentlich zu machen. Aber es gab vor einem halben Jahr die Aktion mit der Fahne an der Alten Post. Und da war die Stadtverwaltung sehr engagiert und hilfsbereit.

 

Ist es richtig, dass es in Greifswald keine Aids-Hilfe gibt?
Beim Gesundheitsamt kannst du einen Test machen, aber der kostet dann auch 23 Euro. In Rostock ist die nächste Aids-Beratungsstelle. Das ist dann zwar Beratung, aber keine wirkliche Aids-Hilfe. Bei der ist der Test dann bei Vorzeigen des Studentenausweises auch kostenlos. Aber das ist in jeder Stadt leider anders.

Gibt es noch andere Möglichkeiten, einen Test zu machen, außer nach Rostock zu fahren?
Grundsätzlich wird bei einer Blutspende immer das Blut auf den HI-Virus getestet, aber es ist beispielsweise so, dass Homosexuelle überhaupt kein Blut spenden dürfen und viele verschweigen dann ihre Homosexualität. Es ist ja auch ein gängiges Klischee, dass Homosexuelle mehr von Aids betroffen seien als andere Bevölkerungsgruppen.

Dieses Vorurteil herrscht immer noch?
Ja, leider. Aber mir ist mittlerweile oft aufgefallen, dass gerade die Heterosexuellen weniger auf ihre Verhütung achten als Schwule oder Lesben. Homosexuelle setzen sich mit dem Thema „Verhütung“ einfach generell mehr auseinander, weil in dieser Szene mehr dafür geworben wird.

Was würdest du schätzen: Wie viel Prozent der Studenten unserer Uni sind homosexuell?
Es sind auf jeden Fall mehr Lesben als Schwule. Aber ich würde alles in allem schätzen, dass es an unserer Uni zehn Prozent sind.

Ungeoutete miteingeschlossen…?
Ungeoutete und teilweise auch Leute, die es vielleicht noch gar nicht wissen, und die offen lebenden Homosexuellen.

Und ist Bisexualität dann auch gesellschaftlich akzeptierter?
Ja, denke ich schon, weil es auch immer noch mit Sexualität und Pornofilmen verbunden wird, wenn sich zwei Frauen küssen. Damit verbinden viele Männer einfach sexuelle Phantasien. Im direkten Vergleich würde ein schwules Pärchen auf offener Straße mehr angewiderte Blicke bekommen als das lesbische Pärchen. Das schwule Pärchen bekommt auch häufiger Sprüche an den Kopf geknallt.

Von wem kommen diese Anfeindungen, eher von Studenten oder älteren Leute?
Sehr gemischt.

Aber zurück zu deiner Arbeit: Wenn du sagst, dass es ungefähr zehn Prozent Homosexuelle an unserer Uni gibt, wie viele erreichst du mit deiner Arbeit?
Ich habe in den letzten Monaten versucht viel im Internet präsent zu sein, unter anderem auf einschlägigen Internetseiten für Homosexuelle, aber auch bei Facebook.

Denkst du, Facebook ist das richtige Medium um die Leute zu erreichen?
Teilweise schon, ja. Es ist ja wirklich so, dass man mittlerweile von einer ‚Facebook-Manie‘ reden kann. Und wenn man sich ein bisschen mit seinem Profil beschäftigt und viele Statusnachrichten schreibt, dann bekommt man auch schnell viele sogenannte ‚Freunde‘ und hat dadurch eine große Chance viele zu erreichen. Aber natürlich auch nicht alle, weil nicht alle bei Facebook sind. Aber es gibt ja auch noch ‚Gayromeo‘, wo interessanterweise auch sehr viele aus Greifswald angemeldet sind. Dann gibt es auch noch ‚Lesarion‘. Dort kann man Gruppen extra für Greifswald anlegen, über die man Rundmails schreiben kann. Das nutze ich auch ziemlich häufig.

Wie glaubst du, könnte man das momentane „Party-Image“ der Gender Trouble AG verbessern oder ändern?
Es ist schwierig eine Veranstaltung hochzuziehen, wenn diese nur von einer Seite organisiert ist. Ich würde mir da mehr Zusammenarbeit unter den einzelnen Vereinen wünschen. Problematisch ist auch, dass die Partys oftmals nur Studenten ansprechen und andere Gesellschaftsgruppen leider nicht. Die Situation ist mittlerweile doch schon recht festgefahren. Man müsste eventuell die Aktivitäten und Angebote ausweiten. Beispielsweise würde ich eine schwul-lesbische Bibliothek sehr gut finden. Auch den Vorwurf, dass auf unseren Partys keine Aufklärungsarbeit über Aids betrieben wird, kann ich nur zurückweisen, denn ich frage mich, ob die Party das richtige Medium für eine solche Arbeit ist.

Wie würdest du das Angebot für Homosexuelle in Greifswald beschreiben?
Ich denke, dass für die Größe Greifswalds dieses Angebot von den Veranstaltungen her schon recht gut ist – natürlich könnte man immer noch mehr machen. Was ich mir wirklich noch wünschen würde, wäre eine massive Aufklärung, auch an Schulen. Und das hat dann nichts mit Aufklärung im traditionellen Sinne zu tun, sondern ich würde dafür plädieren, dass man die gängigen Klischee widerlegt. An dieses Projekt wollen sich demnächst der Queerkompass und die Gender Trouble AG heranwagen. Eine Studie hat ergeben, dass Kinder in sehr jungem Alter überhaupt keinen Unterschied dazwischen machen, ob ein Kind jetzt von Mama und Papa in den Kindergarten gebracht wird oder von zwei Mamas. Deswegen bin ich auch ganz stark für frühkindliche Bildung.

Du studierst ja auf Lehramt: Möchtest du später wirklich Lehrerin werden oder dich lieber weiterhin für die Schwulen- und Lesbenszene engagieren?
Gute Frage (lacht). Ich weiß im Moment leider noch gar nicht, was ich mit meinem Leben machen möchte, aber ich möchte schon weiterhin im sozialen Bereich tätig bleiben.

Das Interview führte Luise Röpcke, das Foto schoss Ronald Schmidt