Mobbing findet längst nicht mehr nur in Klassenräumen oder auf Schulhöfen statt. Bloßstellungen, Beleidigungen und Diskriminierungen sind für jeden dritten Jugendlichen zwischen zwölf und 24 Jahren auch im Internet gefürchteter Alltag. In einem Vortrag klärte Dr. Konstanze Marx über Internetmobbing auf.

Am vergangenen Mittwoch informierte Dr. Konstanze Marx von der Technischen Universität Berlin ihr Publikum mit ihrem Vortrag „[…]und lösch dich mal selbst!“ Schülermobbing im Internet – Gefahren an der Schnittstelle zwischen Virtualität und Realität über Cyber-Mobbing in der virtuellen Lebenswelt. Die Zuhörer erhielten Einblicke in die unterschiedlichen Mobbingarten, welche von wiederholten Beleidigungen über Psychoterror bis hin zu gefilmten Gewalttaten und sexuellen Belästigungen reichen können. Die Opfer dieser Angriffe seien dabei auf unterschiedlichste Weise betroffen. Einigen sei die Situation unangenehm, andere würden ein vermindertes Selbstwertgefühl, oder gar Selbstmordgedanken entwickeln. Dass diese Gedanken auch in die Tat umgesetzt werden können, wurde Anfang im Mai letzten Jahres durch den Selbstmord des 13-jährigen  Joël H. Realität. Ein Beitrag auf der Facebookseite seiner Freunde, der Joël beleidigte und ihn öffentlich als schwul darstellte, schockierte den Jungen so sehr, dass er nicht mehr unter diesem Druck weiter Leben konnte.

Dr. Konstanze Marx erforscht Sprache und Kommunikation an der TU Berlin

Mobbing als Zeitvertreib

So stellt sich an dieser Stelle die Frage, was Menschen dazu bewegt, anderen mutwillig Böses anzutun. Die Gründe der Täter sind so vielfältig, wie die „Bullying“-arten;  die Jugendlichen würden sich an ihren Mitschülern rächen oder ihre Macht demonstrieren. Vielen sei auch einfach nur langweilig und erscheine Mobbing als Freizeitspaß. Laut Dr. Marx versuchen die Täter durch sprachliche scheinbar kausale Zusammenhänge das Selbstbewusstsein ihrer Opfer negativ zu beeinflussen und Dritte von ihrer eigenen Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Dabei würden sie ihre Anonymität im Netz bewahren, ohne unmittelbare Konsequenzen fürchten zu müssen, da gegenwärtig in Deutschland noch kein spezielles Mobbing – Schutzgesetz existiere.

Doch können sich Betroffene vor dem Internetmobbing trotzdem schützen? Zu allererst sollten Schüler einen gesunden Umgang mit der Internetnutzung lernen und nicht etwa sensible Daten freigeben. Des Weiteren sei die Enttabuisierung durch Gespräche mit Freunden oder Eltern wichtig. Das Umfeld des Kindes solle ebenfalls kompetent in dem Umgang mit dem World Wide Web sein und in unsicheren Momenten Ratgeberseiten aufsuchen.

In einer anschließenden Diskussionsrunde wurden Publikumsfragen beantwortet. So erfuhren die Zuhörer, dass sich die geschlechtliche Verteilung der Täter die Waage halte und auch, dass der Anteil der Mobber aus Gymnasien und Haupt- und Realschulen ähnlich vertreten sei. Mit Hilfe von zahlreichen anschaulichen Chat-Beispielen  aus sozialen Communities wurde der Zuschauer für das Thema Mobbing sensibilisiert und konnte sich vorstellen, welchen Umgang Schüler und Schülerinnen miteinander pflegen können. Ein schönes und auch für die Zukunft wichtiges Schlussstatement lieferte ein Zuschauer, der sich für die Stärkung gruppenpädagogischer Arbeit aussprach. So würden die jungen Menschen lernen sich richtig auseinanderzusetzen.

Update: Am 5. Dezember wurde eine inhaltliche Korrektur vorgenommen.

Fotos: Artikelbild – Selin Glanz via jugendfotos.de; Portrait – TU Berlin