Jubel, Volk! Jubel!

Der neue Langspieler „Sturm aufs Paradies“ von Saltatio Mortis steht nun schon einige Wochen in den Läden, höchste Zeit für eine Review. Mancher mag sich jetzt denken: „Wer ist das? Noch nie von gehört.“ Tatsächlich führen Saltatio Mortis nach wie vor ein relativ bescheidenes Nischendasein im Genre des Mittelalterrock. Die Fangemeinde wächst, ist aber immer noch relativ überschaubar.

Dabei gehört das Septett zu den Großen im Genre. In ihrer nun schon 10-jährigen Geschichte hat die Band vieles erlebt: Höhen und Tiefen, Abschiede und Neuzugänge, und nicht zuletzt einige hundert Mittelaltermärkte in ganz Deutschland. Fast jedes Wochenende im Sommerhalbjahr stehen die Barden auf Bühnen in ganz Deutschland: Sie sind fester Bestandteil des Programms des Mittelalterlich Phantasiespectaculums, Deutschlands größtem Mittelalter“wanderzirkus“.

Die Themen, denen sich Saltatio Mortis in ihren Lieder widmen, sind sich immer ähnlich: Liebe und Leben, Tod und Vergänglichkeit, Treue und Verrat, Glücksspiel und Betrug, gewürzt mit ein bisschen Pathos und Glorifizierung des Spielmanndaseins. Trotzdem wird dem Zuhörer nicht langweilig, denn die Spielleute verstehen es vortrefflich, immer neue Melodien und Worte zu finden. So auch auf dem neuen Langspieler „Sturm aufs Paradies“:

Gleich der Opener „Habgier und Tod“ entführt den Hörer mit treibenden Melodien in eine mythische Geschichte, die sofort zum Mitsingen hinreißt. Auch zum Tanzen lockt das Album, unter anderem mit „Nachtigall und Rose“, einem melodischen Liebeslied mit einer eher ernüchternden Moral.

Thematisch als auch musikalisch im krassen Kontrast zu diesen beiden Liedern steht „Gott würfelt nicht“. Dieser melancholische Höhepunkt des Albums handelt von der Endlichkeit allen Lebens, egal wie sehr der Mensch nach Unsterblichkeit strebt.

Geschichten und Mythen kommen natürlich auch nicht zu kurz: Fröhliche Gesänge über „Till Eulenspiegel“, untermalt von Dudelsack, Tröte und Leier, wechseln sich ab mit kraftvollen Gitarren-Riffs und Anklagen zum „Sündenfall“, während die Tragödie von „Orpheus“ in angemessen ruhiger und getragener Weise besungen wird.

Aber Saltatio Mortis sind keinesfalls in der Vergangenheit verwurzelt: Das etwas düstere „Fiat Lux“ widmet sich den Verheißungen und Gefahren der Atomkraft, wenn auch in blumigeren Worten als man es gewöhnt ist. Den Abschluss dieser gelungenen CD bildet „Wieder unterwegs“, ein Lied aus sehnsüchtigen Melodien, komponiertem Fernweh und Faszination für fremde Kulturen.

Insgesamt zeigen Saltatio Mortis deutlich, dass sie sich entwickeln und musikalisch reifer werden, während sie ihren Wurzeln treu bleiben. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt leider: Keine einzige Studio-CD, auch nicht „Sturm aufs Paradies“, konnte bisher den spitzbübischen Schalk und die einzigartige Atmosphäre der Live-Auftritte der Spielleute von Saltatio Mortis einfangen. Denn dort heißt es dann wirklich:

„Jubel, Volk! Jubel!“

Titelbild: “Sturm aufs Paradies” – Napalm Rec. (keine CC-Lizenz)