Eine Glosse von Marco Wagner und Martin Hackbarth

Herrentag. Der einzige Tag im Jahr des Mannes, an dem der Mann Mann sein kann! Während der vorpommersche Mann vom Lande um acht Uhr im Garten mit seiner Flasche Korn sitzt, beginnt der etwas zähe städtische Genosse erst um zehn Uhr mit einem Bier aus der Bio-Brauerei. Doch egal, ob aus der Stadt oder dem vorpommerschen Land, die Herren der göttlichen Schöpfung rotten sich an diesem Tag immer wieder zu bis zum Teil gigantischen Herden zusammen, die meinen, dass selbst Mauern und Laternen ihnen nichts anhaben können. Ihre Zugehörigkeit zu einer Herde markieren sie nicht selten durch auffällige Designer-T-Shirts, auf denen “Lübzer Pils-Kolonne” oder “Himmelfahrtskommando” geschrieben steht. Das ist wahre Stärke! Das ist ein Mann!

Doch Primaten gleich – und man muss sagen, dass es kaum intelligentere Wesen als Primaten gibt – kann es passieren, dass verschiedene Herden aufeinander treffen und dann um ihr Revier streiten. Doch in der Regel werden solche Grenzkonflikte mit der hohen Kunst der Diplomatie gelöst: Durch Murren, Schubsen und Pöbeln. Allgemein ist festzustellen, dass sich der Mann an diesem Tag nur durch eine Aufgabe definiert: Fressen und Saufen, bis der Mülleimer den Ersatzdarm darstellt.

Überschäumende Intelligenz

Die Intelligenz des Mannes schäumt an diesem Tag beim bloßen Ziehen eines Bollerwagens sprichwörtlich über. Seine künstlerischen Fähigkeiten kennen an diesem Tag keine Grenzen, alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, wird mit Flieder geschmückt. Ferner werden an diesem Tag die musikalischen Fähigkeiten des Mannes unter Beweis gestellt, indem jedes Lied von Mickie Krause tadellos beherrscht wird.  Darüber hinaus wird Mann an diesem Tag besonders kreativ und komponiert spontan herausragende Lobeshymnen auf die eigene Frau oder das geliebte Heimatland, was ihm beides vorher vollkommen egal war. An keinem anderen Tag im Jahr werden so viele Cocktails erfunden, wie am Männertag. Und am Tag darauf werden kaum so viele wegen Unverträglichkeit gleich wieder verworfen. Oder vergessen.

Lyrische und Poetische Meisterwerke

Schnapsleichen sind an diesem Tag keine Seltenheit

Die poetischen und lyrischen Fähigkeiten eines Mannes sind an diesem Tag einfach grenzenlos. In Texten, wie sie Goethe nicht besser hätte schreiben können, wird schon mal die Mutter eines Anderen gehuldigt. Wahre schriftstellerische Kunstwerke, wie beispielsweise: “Deine Mutter bellt, wenn es klingelt”, oder “Deine Mutter arbeitet beim Lotto als Zusatzzahl” werden an diesem Tag aus der Taufe gehoben. Da kann es schon mal zu einem Poetry Slam zwischen den anwesenden Mitgliedern der männlichen Herde kommen.

Der sonst so spielunwillige Mann findet an diesem Tag seine Passion für Gesellschaftsspiele. Er greift auf ein riesiges Reportoire von Trinkspielen zurück, die er selbstverständlich schon immer gespielt hat und auch immer gewann – so wie übrigens jeder dieser Gruppe. Denn entgegen dem olympischen Geist “Dabei sein ist alles” kann der Mann nur siegen. Auch eine Niederlage kann ein Sieg sein, denn alles ist eine Frage der Ansicht.

Schreckgespenst Autofahrer

Der Abend dieses Tages endet für Mann in der Regel auf dem heimischen Klo, auf dem er immer wieder Ulf grüßen muss. Oder der nächsten Intensivstation. Das Gesundheitssystem ist an diesem Tag hoffnungslos überlastet und das Bayer-Unternehmen verzeichnet regelmäßig am Tag darauf Rekordgewinne. Doch wie in jeder Herde gibt es auch in der Männerrunde ein schwächstes Glied: Der “Autofahrer”.

Jeder Mann schreckt an diesem Tag zusammen, wenn er das Wort “Autofahrer” hört. Er ist es, der an diesem Tag nicht seine Männlichkeit ausleben kann. Er ist es, der an diesem Tag nicht so stark sein darf, wie alle anderen, weil er der “Autofahrer” ist. Seine Aufgabe definiert sich ausschließlich darin, die Herde zusammen zu halten und sie sicher zurück in den Stall zu bringen. Wer der Autofahrer ist, wird bei harten Vorentscheiden ausgelost. Keiner will Autofahrer sein. Doch einer muss es. Ausgelost wird der Autofahrer durch das allseits bestimmte Strohhalm-ziehen. Wer den kürzeren hat, verliert.

Eines steht fest: An diesem Tag werden der Freundin oder Frau die Augen geöffnet, denn sie erkennen, was sie an ihrem männlichen Gegenpart eigentlich haben. Gänzlich Nichts!

Fotos: Lina 1712/ jugendfotos.de, DerDoss/ jugendfotos.de