Franz Müntefering im Interview: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als unveränderte Grundwerte

Am 7. Oktober besuchte Franz Müntefering, ehemaliger Vorsitzender der SPD die Stadt Anklam und diskutierte mit den Besuchern über die Zukunft politischen Engagements. Der webMoritz führte in diesem Zusammenhang mit Franz Müntefering ein Interview per E-Mail.

webMoritz Herr Müntefering, ist es überhaupt lohnenswert, einer Partei beizutreten? Kann man politisch nicht viel mehr über Demonstrationen in Bewegung setzen?

Franz Müntefering während einer Rede in Augsburg.

Franz Müntefering Es ist lohnenswert, ja. Man kann aber andererseits natürlich auch in Initiativen, Verbänden und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen mitmachen. Das ergänzt die parlamentarische Demokratie, ersetzt sie aber nicht. Und Parteien sind natürlich auch ein Stück Zivilgesellschaft.

webMoritz Die vor kurzem verstorbene Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley fällte über Parteien allgemein ein eher vernichtendes Urteil, indem sie meinte, dass es ihnen in erster Linie um Macht und Machterhalt ginge und erst an zweiter Stelle um die Umsetzung politischer Ziele. Was würden Sie dem entgegnen?

Müntefering Frau Bohley hat sich an diesem Punkt geirrt.

webMoritz Als Politiker hat man bestimmte Ziele, die man in dieser Funktion erreichen möchte. Was waren Ihre Ziele, als sie anfingen, sich politisch zu engagieren? Gab es im Laufe ihres bisherigen Engagements Veränderungen hinsichtlich ihrer Leitziele? Wenn ja, was waren die Ursachen?

Münterfering Klar, dass man sich entwickelt. Hoffentlich. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als Maximen meiner politischen Arbeit sind aber unverändert prioritär als Grundwerte. Das Wort Grundwerte ist zutreffender als das Wort Leitziel.

webMoritz Welche ihrer Leitziele haben Sie erreicht, wo gab oder gibt es Schwierigkeiten bei der Umsetzung und welche Ziele konnten Sie nicht erreichen?

Müntefering Wie soll man das beantworten? Sie gehen hier offensichtlich von Zielen als statische Größen aus. So funktioniert das aber nicht.

webMoritz Im Parteiprogramm der SPD ist, genau so wie in den Grundsätzen der Partei Die Linke. der „Demokratische Sozialismus“ als erstrebenswertes Ziel verankert. Worin unterscheidet sich die Idee des demokratischen Sozialismus der SPD von dem der Partei Die Linke.?

Müntefering Die Linke müssen Sie selbst fragen. Ich höre, dass sie ihr Grundsatzprogramm noch diskutiert.

webMoritz Unter der letzten rot-grünen Bundesregierung wurde mit der Hartz IV-Gesetzgebung eine in der Öffentlichkeit heftig umstrittene Arbeitsmarktreform auf den Weg gebracht. Haben Sie die Konsequenzen, wie steigender Niedriglohnsektor und Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit so vorhergesehen?

Franz Müntefering in Anklam. Rechts im Bild SPD-Mitglied und Theologie-Student Christopher Denda.

Müntefering Es ist inzwischen zwar Mode geworden, den Zusammenhang so zu behaupten. Er stimmt aber nicht. Die Langzeitarbeitslosigkeit ging und geht weiter zurück. Der Niedriglohnsektor muss abgebaut werden, hat aber nicht mit Hartz IV zu tun.

webMoritz In den bedeutendsten Industrieländern der EU gibt es seit mehreren Jahren gesetzlich geregelte Mindestlöhne zwischen sieben und zehn Euro. In Deutschland ist die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes zum Scheitern verurteilt. Ist Deutschland zu (groß-) konzernfreundlich?

Müntefering Die SPD will einen flächendeckenden Mindestlohn, CDU/CSU und FDP wollen das aber nicht. Aber sie haben eine Mehrheit im Parlament. Das ist das Problem.

webMoritz Wie stehen sie zu dem von der SPD-Spitze angestrebten Parteiausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin?

Müntefering Die Partei hat ein Schiedsverfahren, dass nach strengen Kriterien arbeitet, wie ein „Parteigericht“. Es wird sich erweisen, was die Bundesschiedskommission zu Sarrazin urteilen wird. Das kann man heute nicht wissen.

webMoritz Sind Thilo Sarrazins Positionen zur Integration in der SPD richtig aufgehoben?

Müntefering Blicken Sie auf meine Homepage.

webMoritz Herr Müntefering, waren Sie schon einmal in Greifswald? Wenn ja, wie hat Ihnen die Stadt gefallen?

Müntefering In Greifswald war ich vor circa 20 Jahren. Ich erinnere mich an gute Kontakte zu konkreten Menschen. An Sie erinnere ich mich nicht. Von der Stadt an sich weiß ich nicht mehr viel. Aber das muss ja nicht so bleiben. Und ich höre dazu viel Gutes.

Fotos: Stefan Damm (Franz Müntefering in Anklam), Omnidom via Wikipedia (Franz Müntefering in Augsburg)

Strahlen gegen den Castor und Aktionstag der Linken

Bastelideen für den Laternenumzug

Nachdem die Hedonisten im Rahmen der “Atomkraft wegbassen!”-Soliparty im IKuWo Geld für die Finanzierung der bevorstehenden Demonstrationen und Aktionen gegen den nahenden Castor-Transport sammelten, erfolgen am Montag zwei weitere Streiche gegen den strahlenden Zug, der Mitte bis Ende Dezember im Werkbahnhof Lubmin einrollen soll.

Zum einen wollen die Greifswalder Domgemeinde und das Anti-Atombündnis Nord-Ost am Dienstag, den 7. Dezember gemeinsam “gegen den Castor strahlen”. Dabei handelt es sich um einen Laternenumzug, der um 17 Uhr an der Europakreuzung startet und sich auf den Weg zum Dom machen wird. Dort wird der Abend dann mit Punsch und Glühwein abgeschlossen. Die Veranstalter wollen nach eigenen Angaben “ruhig und friedlich mit Laternen und Lichtern, gelben X-en aus Holz, Kleidung und Buttons gemeinsam für die Zukunft unserer Erde leuchten.”

Mit dem Laternenumzug soll erreicht werden, dass alle Generationen ein Zeichen gegen die Atompolitik der Bundesrepublik setzen. Schließlich betrifft, so Veranstalterin Laura Freitag, die “rückwärtsgewandte und gefährliche Energiepolitik und die Umwandlung unseres zum Atomklo Nordost alle Generationen.”

Aktionstag der Greifswalder Linken

Zum anderen führt die Landtags- und Bürgerschaftsfraktion der Partei Die Linke. am selben Tag zwischen 11 und 13 Uhr eine gemeinsame Sitzung unter dem Motto “Nein zum Atomdeal! Nur Atommüll aus Brandenburg und MV ins ZLN Nord!” im Greifswalder Rathaus durch. Die Fraktion will damit einen Beitrag zur Vorbereitung für die bevorstehende Großdemonstration gegen den Castortransport, die am 11. Dezember stattfinden wird, leisten. Neben Professor Dr. Wolfgang Methling als Vertreter der Landtagsfraktion und Dr. Gerhard Bartels als Vertreter der Bürgerschaftsfraktion sowie dem Bundestagsabgeordneten Dietmar Bartsch werden auch Vertreter der SPD und Bündnis90/ Die Grünen an der Veranstaltung teilnehmen.

Nach 13 Uhr sollen dann “öffentlichkeitswirksame Aktionen” auf den Straßen um das Greifswalder Rathaus stattfinden. Im Vorfeld der gemeinsamen Fraktionssitzung soll auf dem Markt ein Infostand aufgebaut werden, um für die bevorstehende Demonstration zu mobilisieren.

Flyer: Anti-Atombündnis Nord-Ost