Ein Beitrag von Simon Voigt.

Nachgeforscht

Der Diplom-Physiker Stephan Block wurde am 4. Juni im Pommerschen Landesmuseum für seine Forschung an der Universität Greifswald mit dem ersten Preis des Venture Cup-MV 2010 in der Kategorie Nachwuchsforscher ausgezeichnet. Dieser Preis wird seit 2002 vom Schweriner Bildungsministerium in mehreren Kategorien verliehen und soll vielversprechende Forschungsprojekte in Mecklenburg-Vorpommern fördern. Ziel ist es, Geschäftsideen für neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen in MV zu entwickeln und umzusetzen.

webMoritz-Redakteur Simon Voigt traf sich mit Stephan Block, um mehr über sein Projekt zu erfahren.

Stephan Block erhielt für seine Forschung den Venture Cup

webMoritz: War der erste Preis in ihrer Kategorie eine Überraschung für Sie?

Stephan Block: Das war schon eine Überraschung. Mir wurde gesagt, die Preisverleihung verläuft wie beim Oscar und das war dann auch so.

Die Skizzen für unser Projekt haben wir Ende letzten Jahres eingereicht und im Februar haben wir unsere Ideen präsentiert. Ab diesem Zeitpunkt war dann Funkstille. Bei der Verleihung im Juni gab es dann ein schönes Rahmenprogramm – Wir haben Musik gehört und es gab ein hervorragendes Buffet – und schließlich wurden die Platzierungen bekanntgegeben. Das war sehr aufregend.

webMoritz: Mit dem Preis haben Sie auch 130.000 Euro gewonnen. Was passiert mit dem Geld? Bleibt es im Institut?

Block: Ja, das bleibt im Institut. Mit dem Geld bin ich in der Lage, Personal einzustellen und Material einzukaufen, um unser hochauflösendes Mikroskop weiterentwickeln zu können. Das ist auch die Idee des Venture Cups, Ideen zu unterstützen, die einen hohen Bedarf an „Manpower“ und Sachmitteln aufweisen.

webMoritz: Sie haben, wie Sie es gerade angesprochen haben, ein hochauflösendes Mikroskop entwickelt. Was ist das genau, wofür braucht man das?

Block: Das ist natürlich schwierig in ein paar Sätzen zu erklären, weil es ein komplexes Messsystem ist. Was wir eigentlich entwickelt haben, ist ein Messverfahren, mit dem wir Magnetismus von Objekten messen können, die lediglich einen Nanometer groß sind. Das ist einmalig und gibt es weltweit noch nicht in dieser Form. Dieses Verfahren soll es uns nun ermöglichen, Untersuchungen an Zellen durchzuführen, wie es vorher noch nicht möglich gewesen ist. Das ist die Grundidee.

Eine Zelle ist ein wahnsinnig komplexes System, in dem sehr viele Komponenten zusammenspielen. Wenn diese Zelle nun gestört wird – wenn sie z.B. unter Stress gesetzt oder stark erhitzt wird – dann setzen bestimmte Mechanismen ein – die häufig spezielle Eiweißmoleküle, so genannte Proteine, produzieren. Bei einigen Proteinen weiß man mittlerweile, dass etwas mit der Zelle nicht stimmt, wenn sie auftreten. Die Zelle ist also „krank“, entwickelt einen Krebs oder ähnliches. Diese Eiweißmoleküle sind jedoch so klein, dass man sie mit normalen optischen Messinstrumenten/Mikroskopen nicht erkennen kann. Man will also nach etwas suchen, dass man nicht direkt sieht.

Rasterkraftmikroskop soll einzelne Proteine finden und eindeutig identifizieren

Logo des Venture Cups

Bei unserer Idee verwenden wir kein normales optisches Mikroskop, sondern ein sogenanntes Rasterkraftmikroskop, bei dem die Zelloberfläche mit einer sehr feinen Spitze abgetastet wird. Das Verfahren ist derart empfindlich, dass auch einzelne Proteine zu sehen sind. Das ist schon seit mindestens zehn Jahren möglich.

Das Problem ist jedoch, dass man zwar die Proteine „sieht“, aber sie nicht eindeutig identifizieren kann. Man braucht also noch eine zusätzliche Information. Da sind wir auf die Idee gekommen, unser magnetisches Messverfahren einzusetzen, indem wir die Proteine mit nanometergroßen Partikeln markieren, die einen ganz speziellen Magnetismus erzeugen. Man kann daher Proteine indirekt über die „daran angeklebten“ magnetischen Partikel identifizieren. Das hat den Vorteil, dass man Proteine viel genauer als mit üblichen optischen Mikroskopen lokalisieren kann. Außerdem sind die Zellen gegen Magnetismus eher unempfindlich. Es ist also ein schonendes Verfahren.

Ein weiterer großer Vorteil der Rasterkraftmikroskopie besteht darin, dass sie unter physiologischen Bedingungen arbeiten kann. Ein normales Elektronenmikroskop kann man z.B. nicht in einer wässrigen Lösung einsetzen, was aber für die Untersuchung von Zellen essentiell ist. Für das Rasterkraftmikroskop ist das kein Problem. Man kann daher z.B. versuchen, lebende Zellen mit dem Rasterkraftmikroskop in hoher Auflösung zu untersuchen – d.h. Zellprozesse gezielt zu stören, um dann interessante Proteine mittels unseres Verfahrens in Nanometer-Auflösung zu lokalisieren und zu identifizieren. Das wäre quasi eine Diagnostik auf der Zellebene.

webMoritz: Es können also sehr unterschiedliche Krankheitssymptome nachgewiesen werden?

Block: Ja, das ist die Idee. Bei einigen Krankheiten weiß man mittlerweile, dass ganz bestimmte Proteine produziert werden. Somit besteht die Hoffnung, dass man bereits anhand der gebildeten Proteine erkennen kann, welche Krankheit konkret vorliegt. Hier muss man aber vorsichtig vorgehen. So genügt es z.B. im Allgemeinen nicht, wenn man weiß, dass ein bestimmtes Protein gebildet wurde; vielmehr muss man auch wissen, wo es sich genau befindet. Vielleicht spielen auch „Nachbarschaftsbeziehungen“ zwischen verschiedenen Proteinen eine wichtige Rolle. Wir hoffen, mit unserem Ansatz eine vergleichsweise einfache Lösung für diese Fragestellung anbieten zu können und diesen Bereich der Forschung vorantreiben zu können. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

webMoritz: Also wird es noch dauern, bis das Mikroskop im Routineeinsatz ist?

Block: Ja, klar. Wir haben jetzt ein Laborexemplar, mit dem wir die ersten Messungen an Zellen durchführen. Ferner messen wir unter Laborbedingungen, also schön kontrolliert. Bis das alles wirklich marktreif ist, wird noch einiges an Zeit vergehen. Da muss man sich keine Illusionen machen. Das ist ganz normal.

Derzeit arbeiten wir daran, die Komponente des Systems, mit der wir den Magnetismus messen, in ein eigenes marktreifes Produkt weiter zu entwickeln.

Der Schwerpunkt der Forschergruppe um Stephan Block liegt in der Physik. Dennoch ist das Team interdisziplinär aufgestellt.

webMoritz: Wie lange forschen Sie denn schon in Greifswald?

Block: Mit dem Studium habe ich 1999 angefangen. Seit 2005 promoviere ich, in der Arbeitsgruppe von Prof. Helm, in der wir uns mit „Weicher Materie“ beschäftigen. Dort bin ich zum ersten Mal in Kontakt mit dieser Technologie gekommen und war erstaunt, dass man mit einem Rasterkraftmikroskop auf der Nanometer-Skala messen kann. Zusammen sind wir auf die Idee gekommen, nach einem Verfahren zu suchen, mit dem man ebenfalls Magnetismus in solchen Größenordnungen messen kann. So gesehen forsche ich aktiv seit 2005. Ich hoffe die Promotion im Sommer diesen Jahres abzuschließen.

webMoritz: Sie wollen danach aber weiter hier in Greifswald bleiben?

Block: Ja. Den Venture-Cup-Antrag haben wir so gestellt, dass wir weiter am Institut für Physik forschen. Wir haben schon seit Jahren Kontakt zu anderen Forschungsgruppen hier in Greifswald, die ich eigentlich gar nicht alle aufzählen kann. Wir sind sehr interdisziplinär aufgestellt. Das ist ein großer Vorteil, weil mein Projekt viele Schnittstellen zu anderen Bereichen hat. Somit gibt es keinen Grund, das Projekt aus Greifswald auszulagern.

Fotos:

Stephan Block (Stephan Block, Privatfoto, ohne CC-Lizenz), Venture Cup (Venture Cup, ohne CC-Lizenz), Institut für Physik (Simon Voigt)