Ein Erlebnisbericht von Christopher Denda

In den vergangenen Jahren war die Demonstration der örtlichen Rechtsextremen in MV zum ersten Mai nach Neubrandenburg verlagert worden. Vergangenes Wochenende sollte es erstmalig nach vier Jahren wieder einen Aufmarsch der Neonazis in Rostock geben. Von den Erfolgen der Blockade aus Dresden bestärkt wollten wir nun gleiches in Rostock versuchen.

Rostocker Parteien und Sozialministerin Manuela Schwesig feierten selbst in Evershagen ein Straßenfest gegen rechts. Die Route der Nazis sollte lediglich einen Kilometer daran vorbeigehen.

Die Sitzblockade auf der Brücke über die Stadtautobahn

Währenddessen versucht ein breites linkes Bündnis den Aufmarsch der Rechtsextremen zu verhindern. An deren Sammelpunkt, dem Marktplatz Lütten Klein, werden dann Punkt 9 Uhr wichtige Knotenpunkte besetzt. Es kommt zu insgesamt drei Sitzblockaden auf der Abfahrt Lütten Klein der Stadtautobahn, der Helsinkier und der Petersburger Straße.

Die Stimmung innerhalb der Sitzblockade ist sehr gelassen, auch wenn man noch nicht weiß, wie lange man dort verharren muss. Über den Köpfen kreist ein Polizeihubschrauber und die Demonstranten sind von Polizeieinsatzkräften eingekesselt. Aber es bleibt erst einmal alles friedlich.

Dann gegen 11 Uhr die erste gute Nachricht von der Demoleitung – es sind erst wenige Nazis in Lütten Klein eingetroffen. Eine Stunde später wird’s dann aber doch noch brenzlig – im wahrsten Sinne des Wortes –eine Wiese steht in Flammen und es kommt zu starker Rauchentwicklung. Dadurch werden auch die Einsatzkräfte der Polizei sichtlich nervöser.

Mittlerweile ist Udo Pastörs, der Fraktionsvorsitzende der NPD im Schweriner Landtag, mit etwa 600 Anhängern der rechten Szene in Lütten Klein versammelt – mehr als die Veranstalter geplant hatten.

NPD-Funktionär Udo Pastörs zieht mit Anhängern durch Rostock

Beamte schätzen, dass sich etwa 500 Leute in der Sitzblockade befinden – darunter auch Mitglieder des Landtags, wie Helmut Holter und Wolfgang Methling (Linke) sowie Reinhard Dankert (SPD).  Weitere linke Demonstranten, die zu der Blockade stoßen wollen, werden von Polizisten begleitet. Die Gruppe blockiert die Brücke über die Stadtautobahn. Der Demonstrationszug der Rechten sollt eigentlich genau hier entlanggehen.

Gegen halb eins machen sich dann etwa 600 Rechtsextreme zum Abmarsch bereit. Die Straßen in Zentrum von Lütten Klein sind komplett gesperrt. Es gibt insgesamt drei große Sitzblockaden. Die Stimmung ist ruhig. Man wartet, was jetzt passiert.

Um kurz vor eins dann die Meldung: Die Rechten dürfen nicht durch Lütten Klein ziehen! Das löst Jubel bei den Gegendemonstranten vom Bündnis gegen Rechts aus. Man fühlt sich an den Erfolg von Dresden erinnert. Allerdings: Die Nazis haben eine andere Route bekommen – sie ziehen jetzt die Alte Warnemünder Allee entlang. Das wiederum kommt gar nicht gut an. Hier wollten eigentlich die Gegendemonstranten lang ziehen, durften aber nicht.

Die Situation wird noch einmal deutlich angespannter als die Polizisten ihre Helme aufsetzen. Die Blockierenden setzen sich enger zusammen und erwarten was nach dieser „Ruhe vor dem Sturm“ passiert.

Das nächste was passiert ist, dass man die Möglichkeit bekommt aus zwei kleineren Blockaden eine größere auf der Warnowallee zu machen. Dieses Angebot wird nach über vier Stunden in denen nur wenige Informationen in die Blockaden gedrungen sind angenommen.

Ein Breites Bündnis hat sich gegen den Aufmarsch der Nazis formiert.

Auf der großen Kreuzung kommt ein wenig Volksfeststimmung auf. Man freut sich über seinen Teilerfolg, denn immerhin ist Lütten Klein Nazifrei geblieben. Man wartet nun noch darauf, dass die NPD Anhänger per Sonderzug von Lütten Klein zum Hauptbahnhof abtransportiert werden. Währenddessen gibt es die Drohung der Polizei die Blockade der Kreuzung zu räumen, wenn dies nicht freiwillig geschieht.

Gegen 15:30 Uhr verlassen die Nazis Lütten Klein. Danach löst sich die Blockade der Kreuzung ebenfalls langsam auf.
Die Bilanz des Tages ist durchwachsen: der Aufmarsch der Nazis konnte nicht verhindert werden, allerdings mussten sie einen anderen Weg gehen und sie konnte sich auch nicht ihr Tempo aussuchen. Dies wird zumindest wie ein kleiner Sieg gefeiert.

Hinweis: Der Textautor ist Mitglied des Studierendenparlaments und Mitglied der SPD/Jusos.

Bilder: Die Fotos wurden uns freundlicherweise von Oliver Cruzcampo/Endstation Rechts zur Verfügung gestellt. (Nicht CC-linzensiert)