Seit Montagnachmittag halten Studierende der Greifswalder Universität einzelne Hörsäle im Auditorium Maximum besetzt. Die Uni-Leitung toleriert die Protestaktion für bessere Studienbedingungen weiterhin.  Am Dienstagabend hatte Herr Naujock (Leiter des Referats für Allgemeine Angelegenheiten der Universität) noch angekündigt, dass es am Mittwoch möglicherweise zur Räumung kommen könne. Als heute morgen seitens der Verwaltung einige Stellwände der Besetzer aus dem Foyer geräumt wurden, sah man dies als erste Zeichen eines Protestendes.

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Die Besetzer sehen sich in guter Tradition.

Schließlich stellte sich jedoch heraus, dass der Eingangsbereich für eine Brandschutzübung geräumt wurde, die die Universität seit Monaten geplant hatte. Die Übung war für die sicherheitstechnische Abnahme des vor Kurzem sanierten Gebäudes notwendig. Nach Abschluss der Übung haben die Besetzer den Hörsaal 4 wieder in Beschlag genommen. Die Universitätsleitung ließ mitteilen, der Protest würde vorerst weiter geduldet.

Die Zustimmung der Universität zur Hörsaalbesetzung mag in Teilen mit den Zielen des Streiks zusammenhängen, denn das Forderungspapier der Studenten weist einige Punkte auf, die das Rektorat ähnlich sehen dürfte. Mehr Geld und eine bessere personelle wie strukturelle Ausstattung der Universität – dagegen wird sich kaum jemand aussprechen. Zudem wird der Uni-Leitung nicht entgangen sein, dass die Streikenden sich, verglichen mit anderen besetzten Universitäten, betont kooperativ verhalten. Mehrfach wurde geäußert, es gehe um das politische Signal, man wolle niemanden am Studieren hindern. Ein alternativer Raumplan wurde von den Streikenden aufgestellt um Ausweichmöglichkeit für Vorlesungen anzubieten. Am Mittwoch fand, mangels freier Räume, eine Vorlesung im besetzten Hörsaal statt.

Rektorat kooperiert, AStA distanziert

Während sich das Rektorat zwar nicht selbst blicken lässt, durchaus aber zur Kooperation bereit ist, verhält es sich beim AStA eher andersherum. Gelegentlich lässt sich der ein oder andere Referent blicken, doch wohl eher aus reiner Neugier. Im gestrigen Plenum zum Forderungskatalog waren zwar mehrere studentische Senatoren und einige Mitglieder des Studierendenparlaments anwesend, vom AStA, der “Exekutive” der Studierendenschaft, nahm allerdings niemand teil. In einer Pressemitteilung hatte man sich am Dienstagnachmittag  von den Vorgängen im Audimax distanziert.

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AStA-Vorsitzende Solvejg Jenssen: "Besetzung ist kein probates Mittel."

Die AStA-Vorsitzende Solvejg Jenssen erklärte: „Die Besetzung eines Hörsaals mit der Einschränkung des Lehrbetriebs halten wir aktuell und lokal für kein probates Mittel, um  Missstände zu beheben“. Dass die Protestler im Audimax, peinlich genau versuchen solche Einschränkungen zu vermeiden, ist wohl noch nicht ins schräg gegenüberliegende AStA-Büro vorgedrungen. Trotz der Teilnahme einiger Parlamentarier gibt es vom StuPa noch keine offizielle Stellungnahme. StuPa-Präsident Korbinian Geiger wollte sich gegenüber dem webMoritz nicht zur Besetzung äußern. Senator und StuPist Sebastian Jabbusch rief sogar via twitter auf die Aktion zu beenden “wenn heute zum Plenum nicht mind. 200 Leute kommen.”

Kaum offizielle Unterstützung

Unterstützt wird die Aktion offiziell bisher nur vom Fachschaftsrat Physik sowie den Greifswalder Gruppen des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbands (Die Linke.SDS), der Piratenpartei und ihren jeweiligen Hochschulgruppen. Aus der Landespolitik meldete sich bisher nur die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Ilka Lochner-Borst, zu Worte und bezeichnete den Protest als “fehlgeleitete Aktion, die nichts mit den tatsächlichen Bedingungen an der Universität zu tun habe.”

Vor allem die kaum vorhandene Unterstützung der eigenen Gremien erschwert den Protestlern auch die Argumentation für ihr Verhalten. Am Dienstagabend erklärte Herr Naujock als Verwaltungsvertreter, dass die Universitätsleitung die Aktion nicht als demokratisch legitimiert sehe. Weder habe man die Rückendeckung der eigenen Organe noch sei eine ausreichende Personenmenge beteiligt um den Streik als basisdemokratisch anzuerkennen.

Zu Spitzenzeiten, am frühen Abend, aber auch während des nachmittaglichen Plenums am Dienstag, hatten knapp hundert Studenten an der Aktion teilgenommen. Zur Nacht hin war die Zahl aber wieder auf ein Dutzend geschrumpft. Am Mittwochmorgen nahmen gut zwanzig Personen am Plenum teil. Die Enttäuschung über die geringe Partizipation der Kommilitonen war deutlich spürbar. Wie lange die Übrigen noch bereit sind durchzuhalten ist unklar.

Die Mobilisierung bleibt das größte Problem der Streikenden. Heute will man noch einmal versuchen Kommilitonen zum Mitmachen zu bewegen. In der Mensa wurden Flyer verteilt, im Audimax wird eifrig Kaffee ausgeschenkt, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und auch für den heutigen Mittwoch hat man wieder ein Programm aufgestellt. So soll es ab 14 Uhr eine Lesung, ab 18 Uhr eine Filmvorführung geben. Für den Abend plant man ein buntes Kulturprogramm. Das nächste inhaltliche Plenum findet ab 16 Uhr im Hörsaal 5 statt.

Der webMoritz wird euch über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten – regelmäßige News auch über unseren Twitter-Account. Über die Ziele und Forderungen des Streiks könnt ihr auch in unserem Forum diskutieren.

Bilder:

Foto Gedenktafel – Carsten Schönebeck

Foto Solvejg Jenssen – Archiv