Die argentinische Cellistin Sol Gabetta erhielt im vergangenen Jahr den Echo Klassik in der Kategorie Instrumentalistin des Jahres. Kein Wunder. Selten überzeugten Vivaldis Concerti grossi wie unter ihren Händen.

Abgesehen von den „Vier Jahreszeiten“ gibt es bei Antonio Vivaldi nichts Neues. So schien es bislang. Fehlanzeige. Erregten in den vergangenen Jahren die Opern des rothaarigen Priesters als eingespielte Wiederentdeckungen für Aufsehen, so setzt Sol Gabetta ganz locker auf ihrem Guadagnini von 1759 dem Ganzen eins drauf. Und das in der von Männern dominierten Cellowelt.

27 Konzerte finden sich für das viersaitige Instrument mit dem großen Tonumfang innerhalb der gut 330 Solokonzerte. Obwohl Vivaldis Schwerpunkt auf der Violine lag. Kein Problem. Für ihr Vivaldi-Projekt und ihrer zweiten Einspielung setzt Sol Gabetta zusammen mit dem renommierten italienischen Ensemble Sonatori de la Gioiosa Marca nicht allein auf die Cantilene von fünf Cellokonzerten des Barockmeisters. Die Entscheidung für Walter Vestidellos Bearbeitungen der Violinkonzerte in a-Moll RV 356 und des „Winters“ aus den „Vier Jahreszeiten“ RV 297 wirkt nicht allein beim Abspielen als verständlich.

Anders als bei der Violine lag zu Antonio Vivaldis Zeit für das Violoncello keine vergleichbare Literatur vor. Die klangliche Wirkung und die Entwicklung anspruchsvollerer Technik für Bogen und linke Hand ist ein Verdienst des in seiner Zeit einflussreichen Komponisten. Egal ob in der formalen Anlage oder angesichts der klanglichen Effekte.

Dem nicht genug. Im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit erscheinen Bearbeitungen von Musik nicht mehr als selbstverständlich. Ganz anders sah dies allerdings vor der Zeit von CD oder Grammophon aus. Walter Vestidello folgt da konsequent einer jahrhundertealten Musikpraxis: Schreiben wir es um!

Eines ist mindestens sicher: Mancher Geiger, Cellist und Hörer wird bei Sol Gabettas „Winter“ entweder anerkennend den Hut ziehen oder vor klanglichen und technischen Neid sich angekratzt zurücklehnen. Vivaldis Musik wird es keineswegs stören. Die Entstaubung des Klassikers, des Barockidols war längst wieder einmal überfällig. Nicht der Nase nach, sondern historisch korrekt. Sol Gabetta tut dies ganz konsequent. Sprich: mit Darmsaiten auf ihrem Cello. Nicht aus Effekthascherei. Dafür ist ihre Schule zu streng russisch.